Wie Sie als Führungsperson Ihre Mitarbeiter loswerden oder wie Sie sich besser nicht verhalten

Wie Sie als Führungsperson Ihre Mitarbeiter loswerden oder wie Sie sich besser nicht verhalten

Gute Ratschläge für zufriedene und motivierte Mitarbeiter erhält man überall. Würde man alle Tipps befolgen, wäre man nahe an der «eierlegenden Wollmilchsau». Aber wofür denn? Mitarbeiter sollen doch froh sein, dass sie bei einem arbeiten dürfen, von der Strasse weg sind und keinen Blödsinn anstellen können. Und obendrein sind sie beschäftigt. Hoffentlich nicht mit dem, was sie gerne tun würden. Völlig ausreichend an Motivation. Völlig fehl am Platz ist sie noch weiter zu motivieren.

Sie überlegen: Ständig müssten Sie sich um das Wohlergehen der Mitarbeitenden kümmern. Sie reichen den kleinen Finger und werden vollständig vereinnahmt. Wohin soll das führen? Schliesslich sind Sie in einer Führungsposition und nicht die Super Nanny Ihrer Mitarbeitenden. Sie haben sich den Job schliesslich hart erkämpft und haben nun endlich das Sagen. Jahrelang mussten Sie nach der Pfeife Ihrer Vorgesetzten tanzen und zurückstecken. Jetzt endlich sind Sie am Zug; können Anweisungen geben und den Mitarbeitenden sagen, wo und wie es langgeht. Mitarbeitende in Ihre Entscheidungen mit einbeziehen? Wo kommen wir denn hin? Kuschelkurs auf hohem Niveau?

Räumen wir damit mal auf. Weg mit den tollen Ratschlägen! Wie können Sie Plagegeister in Ihre Schranken weisen und vielleicht sogar loswerden?

Nicht mit Namen ansprechen!

Bitte machen Sie sich nicht die Mühe, Namen Ihrer Mitarbeiter zu lernen und sie auch noch damit anzusprechen. Das ist vergeudete Zeit, da sie ja sowieso nicht so lange bei Ihnen sein werden und Sie ja auch Wichtigeres zu tun haben. Sie würden den Effekt erzielen, Mitarbeitenden sinnlosen Respekt entgegenzubringen und sie sich auch noch wohlfühlen. 

Nicht grüssen!

Ihnen wurde sicher in einem Führungsseminar beigebracht, dass Mitarbeitende zu jeder Tages- und Nachtzeit gegrüsst werden sollen. Vergessen Sie dies schnell! Grüssen führt lediglich zu unnötig guter Stimmung schon zu Beginn des Arbeitstages. Wenn Sie das Unternehmen betreten, sollen Ihre Mitarbeitenden doch vor Ehrfurcht erzittern. Mit einem freundlichen Gruss würden Sie signalisieren, dass Sie Ihre Mitarbeitenden wahrnehmen, sehen und respektieren. Ohne Wenn und Aber.

Immer schön autoritär bleiben!

Ordnen Sie Aufträge und Arbeitsanweisungen an, hauen Sie ordentlich auf den Tisch und akzeptieren Sie bloss keine Widerworte. Die Freiheit der Mitarbeitenden schränkt das so richtig ein. Langsam aber sicher schliesst sich die Zange immer mehr und nimmt die Luft zum Atmen. Ihre Mitarbeitenden fühlen sich vollständig unterlegen und teilweise in ihre Kindheit zurückversetzt. Noch mehr Bitterkeit schüren Sie, indem Sie richtig laut, cholerisch und überheblich werden. Im Idealfall schaffen Sie es, den elterlichen Ton zu treffen und die Bitterkeit noch zu erhöhen.

Halten Sie keine Regeln ein!

Wer ist der Chef? Natürlich Sie. Also legen Sie die Regeln fest und halten sie auf gar keinen Fall ein, egal, was passiert. Regeln gelten nur für die Mitarbeitenden, nicht aber für Sie. Vermeiden Sie tunlichst, sich auf das Niveau Ihrer Mitarbeitenden zu begeben. Schaffen Sie sich Ihre Insel der Glückseligkeit, wo Sie und nur Sie sich wohlfühlen. Wo kämen Sie denn hin, wenn Sie auch noch Ihre eigenen Regeln befolgen würden? Sie wollen doch Ihre Glaubwürdigkeit nicht verlieren.

Treffen Sie alle Entscheidungen alleine!

Wer hat das grösste Wissen? Sie natürlich. An Ihren Entscheidungen gibt es deshalb nichts, aber rein gar nichts zu rütteln. Treffen Sie Ihre Entscheidungen im stillen Kämmerlein und holen Sie sich keinerlei Meinungen dazu ein. Sie müssten nur unnötig darüber Grübeln und würde Ihre Entscheidung nur verzögern. Womöglich müssten Sie sogar abwägen und eine demokratische Entscheidung treffen. Und Ihr Blick für Ihre Präferenzen und Vorteile würde darüber hinaus getrübt.

Seien Sie arrogant!

Sie konnten bereits sehr viel Erfahrung sammeln und wissen es deshalb besser. Dort, wo Sie vorher tätig waren, hatte sämtliche aktuelle Gegebenheiten um Längen übertroffen. Sie können diese Unzulänglichkeiten ruhig kommentieren mit: „In den letzten X Jahren ist hier ja so ziemlich alles schief gelaufen.‟ Lassen Sie kein gutes Haar an Mitarbeitenden oder – wenn vorhanden – anderen Führungskräften und deren Vorgängern sowie an Abläufen. Sie können dem Ganzen noch ein i-Tüpfelchen aufsetzen mit: „Ich muss das hier nicht haben. Ich könnte auch Würstchen verkaufen.‟ Den Mitarbeitenden gibt das erst richtig den Rest.

Seiten Sie unbeherrscht!

Dauert Ihnen etwas zu lange oder werden zu viele dämliche Fragen gestellt, reissen Sie Mitarbeitenden beispielsweise Unterlagen aus der Hand. Wenn sich Mitarbeitende bei der Erledigung von Aufgaben ungeschickt anstellen und nicht begreifen, was Sie von ihnen wollen, kommt das gar nicht gut an und deshalb ist Ihre Reaktion völlig legitim. Brausen Sie so richtig auf und katapultieren Sie sich mit voller Geschwindigkeit in die Krone einer Palme, werfen Sie sämtliche Kokosnüsse, die Sie da oben finden können.

Informieren Sie äusserst spärlich!

Halten Sie sich mit Informationen zurück, egal, ob es um Arbeitsanweisungen oder um Ihren geplanten Urlaub geht. Wozu ein Mitarbeitender etwas tun soll, mit welchem Ziel, welchem Material und mit welchem Sinn ist doch völlig irrelevant. Wenn Sie Informationen für sich behalten, die Ihren Urlaub betreffen, werden Sie noch weniger greifbar. Schliesslich muss niemanden interessieren, wann und wie lange Sie verreisen wollen und wann Sie im Betrieb wieder anzutreffen sind.

Demotivieren Sie offen!

Auszubildende können Sie für ihr weiteres berufliches Leben zeichnen, indem Sie gut ein halbes Jahr vor Ausbildungsende offen demotivieren. Es ist ganz einfach. Sie müssen nur sagen: „Sie werden ja sowieso nicht übernommen.‟ Damit sind Sie treffsicher.

Keine Versprechungen einhalten!

Gehaltserhöhungen, Prämien, Karriereperspektiven – versprechen Sie Ihren Mitarbeitenden das Blaue vom Himmel. Danach pfeifen Sie direkt auf das, was Sie gesagt haben. Jederzeit können Sie sich rausreden mit der schlechten wirtschaftlichen Lage Ihres Unternehmens oder dass jetzt andere Ziele verfolgt werden. Seien Sie kreativ im Erfinden von Ausreden.

Sich von Konflikten distanzieren!

Es schwelt ein Konflikt zwischen zwei Mitarbeitenden oder im Team? Machen Sie jetzt bloss keinen Unsinn und mischen sich ein. Halten Sie sich schön zurück und lassen Sie die Mitarbeitenden im Konflikt sich gegenseitig die Köpfe einrennen. Das nennt man natürliche Auslese; der Bessere gewinnt. Sie möchten sich doch nicht die Finger schmutzig machen und sich auf ewige Diskussionen einlassen, geschweige denn irgendetwas klären oder selbst Stellung beziehen. Sie haben das Vertrauen in Ihre Mitarbeitenden, dass sie es schaffen, sich gegenseitig das Leben schwer zu machen. Schauen Sie lange genug wegschauen und ausharren, führt dies unweigerlich zum Mobbing einzelner Mitarbeiter (m/w). Das ist doch toll! Erfolgreiche Erfüllung der Mission.

Aufmerksamkeiten minimieren!

Ein Mitarbeitender ist seit 10 Jahren in Ihrem Unternehmen? Bisher gab es dafür vielleicht eine finanzielle Zuwendung und einen Blumenstrauss? Oh toll, eine finanzielle Zuwendung – weshalb? Streichen Sie sie! Es ist absolut ausreichend, mit einem Blumenstrauss einen langjährigen Mitarbeitenden zu vergraulen. Besonders bei männlichen Mitarbeitenden kommt das Grünzeug gut an. Sie lieben es geradezu. Das sollten Sie auch bei allen anderen Aufmerksamkeiten, wie Firmenausflüge oder Weihnachtsessen überdenken. Ein netter Nebeneffekt ist, dass der monetäre Gegenwert zu Einsparungen führt und das Geld bei Ihnen bzw. im Unternehmen verbleibt.

Beteiligen Sie sich an Gerüchten!

Ihre Mitarbeitenden danken es Ihnen mit ihrem Unmut, wenn Sie sich aktiv an Unwahrheiten über sie beteiligen und diese verbreiten. Verdrehen Sie Tatsachen zu Ihren Gunsten, kommunizieren diese und verbreiten dadurch schlechte Stimmung. Haben Sie keine Sorge, Ihre Mitarbeitenden bekommen das schon mit. Manchmal dauert es eine Weile, aber Sie können sich sicher sein, dass es früher oder später zum Vorschein kommt und Sie automatisch damit in Verbindung gebracht werden. Sie sind dann der Held.

Schmücken Sie sich mit fremden Federn!

Bekommen Sie als Führungsperson von der Unternehmensleitung eine Aufgabe übertragen, delegieren Sie diese sofort an einen Mitarbeitenden weiter, der sie professionell umsetzt. Wenn die Unternehmensleitung nach der Aufgabe fragt, passen Sie den richtigen Moment ab und gehen dann zusammen direkt zum Mitarbeitenden, der sie erledigt hat. Lobt die Unternehmensleitung das tadellose Ergebnis und Ihren Einsatz, schlagen Sie zu und fahren die Lorbeeren im Beisein des Mitarbeitenden für sich ein. Sie sollten immer daran denken, wie viel Arbeit Sie investiert haben und wie einfallsreich Sie an der Umsetzung gearbeitet haben. Keinen einzigen Gedanken sollten Sie dabei an den eigentlichen Macher verschwenden: Dort ist die Aufgabe erledigt und Sie haben geliefert. Abgehakt.

Lassen Sie Unterbrechungen bei Personalgesprächen zu!

Regelmässig diese Mitarbeitergespräche. Sind sie Ihnen nicht auch lästig? Dieses Gehabe von einer angenehmen und ungestörten Gesprächsatmosphäre. Pfeifen Sie drauf! Informieren Sie den Mitarbeitenden weder rechtzeitig noch über das Thema des Gesprächs. Maximal 15 Minuten Zeit sollten Sie sich dafür frei halten, keine Getränke bereit halten und sich nicht auf das Gespräch vorbereiten. Lassen Sie so viele Störer wie möglich zu diesem Gespräch zu, die einfach den Kopf ins Büro stecken und Sie um Kleinigkeiten und vermeintlich unaufschiebbare Entscheidungen bitten. Am besten lassen Sie gleich die Türe zu Ihrem Büro offen. Aktivieren Sie sämtliche Social Media Kanäle und richten Sie den Bildschirm Ihres PC so aus, dass sie alle eingehenden Nachrichten sehen und überfliegen können. Das Telefon lassen Sie laut gestellt. Sie sind wichtig und wollen Ihrem Mitarbeitenden zeigen, dass sich die Welt nicht ohne Sie drehen kann. Zeigen Sie dem Mitarbeitenden, wie wichtig Sie sind und wie uninteressant und unwichtig Sie das Gespräch mit ihm finden. Sie sitzen vor Ihrem PC und erledigen nebenher wichtige E-Mails und beantworten Telefonate. Der Mitarbeitende verlässt den Raum geteert und gefedert; seine Wut ist Ihnen sicher.

Fazit

Die Zusammenstellung zeigt keine frei erfundenen Situationen. Es gibt destruktive Verhaltensweisen von Führungspersonen, die in ihrer Vielfalt kaum Grenzen kennen und in Mitarbeitern echten Unmut, tiefes Unverständnis und die sichere Demotivation bis hin zur inneren Kündigung auslösen. So unglaublich und traurig es auch ist: Jede einzelne Situation wurde von Mitarbeitern schon so erlebt.

Manchmal lässt einen das an den Führungspersonen zweifeln. Wo ist der Respekt und die Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern geblieben? Wo die Empathie, die Menschlichkeit, die Einsicht, dass die Aufgabe der Führungsperson darin liegt, Mitarbeiter zu führen – und zwar zu beiderseitigem Erfolg? Wo sind die Authentizität und Selbstreflexion der Führungsperson, die sich überlegt, warum sie diese Position hat oder dort sein möchte? Gewinn und Umsatz stehen zu oft im Fokus, während Mitarbeiter dabei durch das Raster fallen.

Aber: Der alleinige Buhmann ist nicht die Führungsperson. Auch die Mitarbeitenden tragen zur gelungenen Führung bei, indem sie sich führen lassen, die Anstrengungen der Führungsperson erkennen und ebenso reagieren, wie sie es von der anderen Seite erwarten.

Eine Lanze muss für diejenigen Führungspersonen gebrochen werden, die es schaffen, mit Herzblut bei der Sache zu sein und ihre Mitarbeiter motivieren, respektieren und wertschätzen, ihnen als gleichwertige Kollegen auf Augenhöhe begegnen und die dargestellten Verhaltensweisen nicht zu leben. Führungspersonen, die Führung im Top-Down-Ansatz als Service am Mitarbeiter leben, erhalten durch ihren Erfolg recht: Umsatz und Gewinn stimmen plötzlich, weil sie erkannt haben, dass die wichtigste Ressource im Unternehmen die Menschen sind. Antoine de Saint-Exupéry sagte treffend: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

Schreiben Sie einen Kommentar