Vorgesetzte ohne Führungskompetenz – Probleme und Lösungen

Vorgesetzte ohne Führungskompetenz - Probleme und Lösungen | praxis- & personalberatung wohlmuth

Wie arbeiten Vorgesetzte ohne Führungskompetenz an ihren Fähigkeiten? Welche Probleme treten bei fehlender Mitarbeiterführung auf? Was Mitarbeitende von einem guten Chef erwarten und wie Führungskräfte dem gerecht werden.

Fehlende Führungskompetenz und ihre Folgen

Vorgesetzte ohne Führungskompetenz lassen ihre Mitarbeitenden allein. Ihnen werden so grosse Freiräume gewährt, dass sie sich verloren fühlen. Mitarbeitende leisten nicht mehr das, wozu sie eigentlich fähig wären und auch verpflichtet sind.

Ein Problem in vielen Unternehmen: Der Vorgesetzte gibt keine klaren Anweisungen. Das Fatale beim »Nicht-Führen« ist, dass Mitarbeitende keine Richtung bekommen, wie sie arbeiten sollen. Das führt dazu, dass Mitarbeitende selbst entscheiden. Trifft ein Mitarbeitender dann die falschen Entscheidungen und handelt nicht mehr im Sinne des Vorgesetzten oder des Unternehmens, gibt es zwei Reaktionen des Vorgesetzten:

  1. Der Vorgesetzte macht den Mitarbeitenden auf den Fehler aufmerksam und massregelt ihn. Das macht den Mitarbeitenden wütend, weil er gar nicht weiss, was er falsch gemacht hat. Es hat ihm niemand gesagt, wie er es richtig machen soll.
  2. Der Vorgesetzte verhält sich weiterhin passiv und es bleibt alles so, wie es ist. Die Mitarbeitenden machen es so, wie es ihnen passt, die Qualität lässt auf Dauer nach und die Kunden wandern im schlimmsten Fall ab.

Mit seinen Mitarbeitenden möchte der Vorgesetzte möglichst fair und gerecht umgehen und ihnen viel Eigenverantwortung übertragen. Doch was ist gerecht? Ist es gerecht, alle gleich zu behandeln, obwohl sie nicht alle das Gleiche leisten? Das geht so weit, dass Führungskräfte sich noch nicht einmal mehr trauen, gute Leistung zu belohnen. Denn die anderen im Team müsste er dann auch belohnen.

Erwartungen an die Führungskraft

Die meisten Mitarbeitenden erwarten vom Vorgesetzten:

  • Entschlusskraft und Durchsetzungsfähigkeit
  • mehr Lob: Zumindest teilweise hängt die Motivation der Arbeitnehmer von der Wertschätzung des Vorgesetzten ab.

Die Schlussfolgerung daraus ist, dass ein zu lascher Führungsstil nicht gut ankommt. Die Mehrzahl der Mitarbeitenden möchte wissen, was ihre Aufgabe ist und auch eine Rückmeldung darüber bekommen. Führungskräfte, die alles laufen lassen und wenig eingreifen, sind bei den Mitarbeitern unbeliebter.

Anders bei den eher leistungsschwachen Mitarbeitenden: Die ist die einzige Gruppe, denen ein führungsschwacher Vorgesetzter gefallen könnte. Sie profitieren von einem passiven Vorgesetzten, der alle gleich behandelt. Low-Performer können sich verstecken und das gleiche Gehalt kassieren wie ihre Kolleginnen und Kollegen, auch wenn ihre Leistung nicht die gleiche ist. Das führt dazu, dass sich leistungsschwache Mitarbeitende führungsschwache Vorgesetzte suchen. Bei diesen fühlen sie sich wohl. Dann beginnt die Abwärtsspirale.

Wenn eine Führungskraft stark und engagiert führt, wird sie die leistungsstarken Mitarbeiter anziehen und sich in die Aufwärtsspirale begeben. Das heisst, die Art des Führungsstils bestimmt die Art der Mitarbeiter.

Mögliche Gründe für fehlende Führungskompetenz

Es kann viele Gründe haben, sich als Vorgesetzter ganz aus den Angelegenheiten der Mitarbeiter herauszuhalten und seine Mitarbeiter nicht mehr zu managen.

Beispiele sind:

  • Die Flucht vor Auseinandersetzungen sowie ein übertriebenes Harmoniebedürfnis lässt Führungskräfte passiv werden.
  • Führungskräfte haben Angst davor, falsch zu führen. Sie könnte die falschen Entscheidungen treffen, was dann noch zu schlimmeren Folgen führt.
  • Einige Teammitglieder werden zu Führungskräften, obwohl sie dafür gar nicht gemacht sind. Sie sind keine Führungspersönlichkeit und fühlen sich vom Managen ihrer Mitarbeitenden überfordert.
  • Sie haben nie gelernt, andere Mitarbeitende zu managen und wissen einfach nicht, wie es geht.
  • Es ist ihnen zu anstrengend und zu zeitaufwändig. Sie können dann nicht mehr ihren eigentlichen (bevorzugten) Aufgaben nachkommen.
  • Oder sie haben einfach zu viele Mitarbeitende unter sich, um die sie sich kümmern müssten. Dann lassen sie es lieber ganz.
  • Ausserdem wollen sie nicht den strengen autoritären Führer spielen, der den Mitarbeitenden befiehlt, wie sie ihre Arbeit erledigen sollen.

Ist Mikromanagement die Lösung?

Während sich manche Chefs gar nicht um ihre Mitarbeitenden kümmern, mischen sich andere in jede Kleinigkeit ein und wissen, wie es besser geht. Dies nennt man Mikromanagement. Unter Mitarbeitenden und Führungsexperten ist Mikromanagement gleichermassen verpönt. Zurecht?

Mitarbeitende fühlen sich bei diesem Führungsstil in ihrer Eigenverantwortung und ihrem Freiraum eingeschränkt. Sie werden jedoch dafür bezahlt, dass sie ihre Arbeitsleistung erbringen.

Erbringen sie diese schlecht oder gar nicht, ist es die Aufgabe des Vorgesetzten, die Arbeitsleistung einzufordern, die das Unternehmen bezahlt. Eine gewisse Kontrolle ist notwendig, um festzustellen, ob die Leistung der Mitarbeitenden angemessen ist. Die Vorgesetzten, meistens in der Sandwich-Position, tragen für das Ergebnis die Verantwortung.

Zu fehlerhaften Ergebnissen kommt es, wenn Mitarbeitende ihre Arbeit immer nur nach ihren eigenen Vorstellungen machen und ungeliebte Aufgaben ganz ignorieren. Für diese muss der Vorgesetzte geradestehen. Suchen sie die Fehler dann bei ihren Mitarbeitenden, entziehen sie sich ihrer Verantwortung.

Für eine Führungskraft ist es daher besser, eingreifen und Mitarbeitende zu lenken, bevor es zu schlechten Ergebnissen kommt. Dennoch kann man Mitarbeitenden einen Freiraum gewähren, allerdings innerhalb definierter Grenzen. Wird die Verantwortung an die Mitarbeitenden ohne ausreichende Anleitung und Unterstützung übertragen, ist das schlicht Vernachlässigung.

Steve Jobs als Beispiel für einen Chef, der sich kümmert

Vor Mikromanagement ist niemand gefeit. Sogar dem Apple-Chef Steve Jobs wurde nachgesagt, dass er sich zeitweise um Details kümmerte, die streng genommen nicht in seinen Bereich fielen.

In der Financial Times Deutschland beschrieben Helene Laube und Arndt Ohler den Apple-Chef »Ein notorischer Mikro-Manager, ein Perfektionist mit kompromisslosem Führungsstil. Er kümmert sich um alles: Bestimmt die Schraubenzahl am Notebook oder die Krümmung der Bildschirmecken. […] Er weiss selbst, was die Leute wollen – oder wollen werden. Mit seiner Führungskompetenz hat er Apple zu einem der erfolgreichsten Unternehmen der Branche gemacht. Und eine Einheit aus Marke und Chef geschaffen, wie sie selten ist bei einem Konzern.«

Mikromanagement kann auch positive Auswirkungen haben, wie dieses Beispiel zeigt. Wie eine Medizin hat auch Mikromanagement unerwünschte Nebenwirkungen. Auf die richtige Dosierung kommt es deshalb an.

  • Neue Mitarbeiter brauchen mehr Führung und Unterstützung.
  • Bei neuartigen, schwierigen und komplexen Aufgaben kann der Chef helfen.
  • Unsichere Mitarbeiter benötigen häufiger eine Rückmeldung.

Solange die Überprüfung der Mitarbeitenden im Rahmen bleibt und die Mitarbeitenden eine faire Rückmeldung erhalten, ist das ein Führungsstil, bei dem der Chef seine Aufgaben als Führungskraft wahrnimmt. Hat er zu viele Mitarbeitende oder überspringt Hierarchieebenen, ist das wieder eher unproduktiv. Dazu sollte er auch lernen zu delegieren und so seine Führungsaufgaben verteilen.

10 Tipps zum Beweisen der Führungskompetenz

  1. Fehler im Vorfeld verhindern und so Probleme bekämpfen, bevor sie entstehen. Meistens gelingt das nur durch eine gewisse Kontrolle.
  2. Tägliches aktives Managen und Führen der Mitarbeitenden, damit es zur Gewohnheit wird.
  3. Arbeitsergebnisse überprüfen. Mitarbeitende geben sich dann mehr Mühe und werden sorgfältiger.
  4. Jeden Mitarbeitenden einzeln managen. Anstelle nur Teammeetings durchzuführen auch Einzelgespräche führen. Aber: Nicht jeder Mitarbeitende benötigt gleich viel Aufmerksamkeit. Der eine benötigt täglich ein Gespräch, andere alle zwei Wochen. Finden Gespräche regelmässig statt, reichen auch kurze Meetings aus.
  5. Erbringt ein Mitarbeitender keine angemessene Leistung, wird diesem mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Dies ist hilfreich, damit er wieder motivierter ist und seine Leistung besser wird.
  6. Leistungsstarke Mitarbeitende benötigen ebenfalls aktive Führung, da sie sonst demotiviert werden. Diese Gruppe sollte deshalb nicht vernachlässigt werden.
  7. Werden zu viele Mitarbeitende gemanagt, wird eine Befehlskette aufgebaut. Die Führungsaufgabe wird delegiert.
  8. Es sollte vermieden werden, über Privates während der Arbeit zu sprechen. Ein freundschaftliches Verhältnis sollte nicht aufgebaut werden. Es besteht die Gefahr der Enttäuschung der Mitarbeitenden, wenn wieder die Rolle des Chefs eingenommen wird, Anweisungen gegeben oder kritisiert wird.
  9. Wichtig sind klare Anweisungen, die unmissverständlich sind. Mitarbeitende wissen dann, was ihre Aufgabe ist und können sich danach richten.
  10. Mehr über die tägliche Arbeit der Mitarbeitenden lernen. Das befähigt, richtig zu managen. Entscheidungen können Mitarbeitende dann auch besser nachvollziehen und respektieren.

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