Künstlersozialabgabe: Eine Überraschung für manches Unternehmen

Künstlersozialabgabe: Eine Überraschung für manches Unternehmen

Sie werden sich jetzt fragen, was haben Sie als Unternehmer mit der Künstlersozialabgabe zu tun? Viele Unternehmer glauben, dass sie davon nicht betroffen sind. Ein teurer Irrtum, denn fast jedes Unternehmen muss die Abgabe leisten. Bei Betriebsprüfungen kommt meist das böse Erwachen.

​Abgabepflichtig ist fast jedes Unternehmen, das selbstständige Dienstleister fürs Marketing beauftragt. Nur wenigen Unternehmen ist dieser Umstand bekannt, bis eine Sozialversicherungsprüfung erfolgt.

Künstlersozialabgabe – Was ist das überhaupt?

Die Künstlersozialkasse ist eine Einrichtung der gesetzlichen Sozialversicherung für selbständige Publizisten und Künstler. Die Versicherten bezahlen wie Arbeitnehmer nur die Hälfte der Beiträge für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Die Künstlersozialkasse trägt die andere Hälfte. Die Absicherung wird finanziert zum Teil vom Bund und zum anderen Teil aus der Künstlersozialabgabe.

Wer unterliegt der Künstlersozialabgabe?

Die Künstlersozialabgabe ist für alle Unternehmen Pflicht, die selbstständige Künstler oder Publizisten beauftragen. Dazu gehören nicht nur typische Vertreter wie:

  • Presseagenturen, Bilderdienste, Buch- und Presseverlage
  • Chöre, Orchester und Theater
  • Fernsehen und Rundfunk
  • Hersteller von bespielten Bild- und Tonträgern
  • Kunsthändler und Galerien
  • Werbe- oder PR-Agenturen
  • Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten

um nur die wichtigsten zu nennen. Abgabepflichtig sind auch alle Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreiben, sofern sie Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen – und zwar »nicht nur gelegentlich« (siehe § 24 Künstlersozialversicherungsgesetz). Die Definition «nicht nur gelegentlich» heisst: Liegt die Gesamtsumme aller Honorare an Kreative im Jahr über 450 Euro, wird die Künstlersozialabgabe fällig. Es genügt also schon ein nicht allzu grosser Auftrag und die Abgabe wird fällig.

Hier ein paar Beispiele für abgabepflichtige Aufträge:

  • Sie beauftragen einen Werbegrafiker, eine Unternehmensbroschüre, ein Logo oder Visitenkarten zu erstellen.
  • Sie beauftragen einen Webdesigner eine Internetseite zu erstellen.
  • Sie buchen eine Band fürs Firmenjubiläum.
  • Sie lassen Ihre Texte für die Unternehmenswebsite von einem Texter schreiben.
  • Eine freie Journalistin schreibt Pressemitteilungen für Ihr Unternehmen.
  • Sie beauftragen eine Fotografen, um Produktfotos zu machen.

Wann wird die Künstlersozialabgabe fällig?

​Sie müssen zahlen:

  • wenn Sie eine Einzelfirma, einen Einzelkaufmann oder eine GbR beauftragt haben.
  • unabhängig davon, ob der beauftragte Kreative in der Künstlersozialkasse versichert ist und unabhängig davon, wo er lebt. Auch für Kreative im Ausland sind Sie abgabepflichtig; ausschlaggebend ist der Ort der Verwertung.
  • wenn ein Gesellschafter der beauftragten Kapitalgesellschaft (AG, GmbH, KG, GmbH & Co. KG, OHG, UG, Ltd.) als Selbstständiger gilt und überwiegend kreativ tätig ist (z. B. in einer Werbeagentur). Das monatlich an ihn bezahlte Gehalt ist dann abgabepflichtig.
  • bei Veranstaltungen nur dann, wenn Sie mehr als 3 Veranstaltungen im Kalenderjahr durchführen und das Auftragsvolumen insgesamt 450 Euro übersteigt.

Kann man die Künstlersozialabgabe umgehen?

Sie sind von der Zahlung befreit:

  • wenn Sie juristische Personen wie eine AG, GmbH, KG, GmbH & Co. KG, UG oder Ltd. beauftragt haben.
  • für nichtkünstlerische Leistungen eines Kreativen (z. B. ein Webdesigner hat Ihre Seite gestaltet und pflegt diese anschliessend. Hier ist nur die Gestaltung abgabepflichtig. Bei der Gestaltung von Drucksachen, ist nur die künstlerische Leistung abgabepflichtig, nicht aber die Druckkosten.).
  • für Betriebsfeiern, zu denen ausschliesslich Betriebsangehörige und gegebenenfalls ihre Partner eingeladen sind.

Wie berechnet sich die Künstlersozialabgabe?

Die Abgabe beträgt einen pauschalen Prozentsatz von den Zahlungen an selbstständige Künstler und Publizisten. Bis zum 30. September jedes Jahres wird die Höhe vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgesetzt und den abgabepflichtigen Unternehmen zusammen mit der Versendung des Meldebogens für das abgelaufene Kalenderjahr mitgeteilt.

Für das Kalenderjahr 2019 liegt der Satz bei 4,2 Prozent. Haben Sie Rechnungen von Fotografen, Grafikern oder Webdesignern in Höhe von 5’000 Euro erhalten und bezahlt, dann müssen Sie darauf 4,2 Prozent Künstlersozialabgabe, also 210 Euro, bezahlen. Die Abgabe bezieht sich jeweils auf den Nettobetrag einer Rechnung. Auf die ausgewiesene Umsatzsteuer ist keine Künstlersozialabgabe zu entrichten.

Nicht gestattet ist eine Vereinbarung mit dem Künstler, die Künstlersozialabgabe von dessen Honorar abzuziehen. Derartige Vereinbarungen sind nichtig.

Wie muss die Künstlersozialabgabe bezahlt werden?

Nehmen Sie als Unternehmen Leistungen selbstständiger Künstler und Publizisten in Anspruch, müssen Sie am Meldeverfahren teilnehmen. Der erste Schritt ist eine formlose telefonische oder schriftliche Meldung bei der Künstlersozialkasse. Diese prüft dann die Abgabepflicht und stellt sie in einem Bescheid fest.

Rechnungen kreativ Schaffender sammeln Sie im Laufe eines Jahres und ermitteln den Gesamtbetrag. Davon dürfen Sie abziehen:

  • die Mehrwertsteuer
  • Reisekosten
  • Bewirtungskosten
  • Zahlungen an juristische Personen (z. B. AG, GmbH, KG, GmbH & Co. KG, UG, Ltd.)

Der jährliche Betrag für das Kalenderjahr ist dann jedes Jahr bis zum 31. März an die Künstlersozialkasse zu melden. Für das Kalenderjahr 2019 also bis zum 31. März 2020. Ein entsprechendes Formular finden Sie auf der Internetseite der Künstlersozialkasse. Aufgrund dieser Meldung berechnet die Künstlersozialkasse den zu zahlenden Betrag.

Sind Sie bei der Künstlersozialkasse erfasst und kommen Ihren Meldepflichten nicht nach, schätzt diese eine fällige Künstlersozialabgabe. Berichtigen lässt sich diese Schätzung nur durch Abgabe einer Meldung. 

Aufzeichnungen über bezahlte Honorare an Kreative sind mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

Wer überprüft die korrekte Abführung der Abgaben?

Im Rahmen von Sozialversicherungsprüfungen übernehmen die Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung die Überprüfung.

Seit 2015 wurden die Prüfungen verschärft. Unternehmen, welche bereits bei der Künstlersozialkasse erfasst sind und Arbeitgeber mit mehr als 19 Beschäftigten werden mindestens alle vier Jahre geprüft. Darüber hinaus hat die Künstlersozialkasse ein eigenes Prüfrecht und kann branchenspezifische Schwerpunktprüfungen sowie anlassbezogene Prüfungen durchführen.

Was passiert, wenn die Abgabe nicht korrekt bezahlt wurde?

Bei der nächsten Betriebsprüfung drohen dann Nachzahlungen für die letzten fünf Jahre, Säumniszuschläge und eventuell sogar bis zu 50’000 Euro Bussgeld.

Ist ein Widerspruch gegen Nachzahlungsbescheide möglich?

Ja, unter Einhaltung der Frist von einem Monat. Zu einem späteren Zeitpunkt ist ein Widerspruch gegen einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung oder der Künstlersozialkasse nur noch in Ausnahmefällen möglich.

Ergänzung im September 2022

Die Künstlersozialkasse hat vor dem Bundessozialgericht eine herbe Schlappe erlitten (BSG-Urteil vom 01.06.2022, B 3 KS 3/21 R). Das BSG hat entschieden, dass die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung eine gewisse Regelmässigkeit voraussetzt. Für einmalige Aufträge an Webdesigner fallen keine Beiträge an.

Das Urteil dürfte für zahlreiche Unternehmen von Interesse sein, denn die Gestaltung einer Website werden sehr viele in Auftrag gegeben haben oder noch geben.

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