Krank nach Ankündigung – Fristlose Kündigung?

Krank nach Ankündigung - Fristlose Kündigung? | praxis- & personalberatung wohlmuth

Kann Mitarbeitern fristlos gekündigt nach Ankündigung einer Krankmeldung beziehungsweise Krankschreibung? Arbeitgeber stellen sich die Frage immer wieder, was sie tun können oder dürfen, wenn Mitarbeiter länger oder in regelmässigen Abständen wegen Krankheit ausfallen. Wann und wie lange ist es einem Unternehmen dann zuzumuten, diese Mitarbeiter weiter zu beschäftigen? Solche Ausfälle lassen sich meist nur durch Mehrarbeit anderer Arbeitnehmer kompensieren oder durch zusätzliche Vertretungskräfte überbrücken. Meist sind dann hohe Kosten die Folge, aber auch dadurch entstehende Konflikte im Betrieb. Insbesondere, wenn sich die vollständige Genesung, die Reha-Massnahme und die Rückkehr kranker Mitarbeiter hinzieht. Der Arbeitgeber wird dann im Extremfall irgendwann kündigen.

Nicht selten entwickeln sich aufgrund krankheitsbedingter Kündigungen Streitigkeiten und Kündigungsschutzklagen. Es gilt also, in diesen Fällen die geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften zu beachten sowie alle wichtigen Sachverhalte und die genauen Zeitspannen festzuhalten.

Androhung einer Krankmeldung wegen Nichtgewähren von Urlaub

Eine blosse Ankündigung einer Krankschreibung ist noch kein Kündigungsgrund, solange es sich dabei auch um den Hinweis auf ein rechtmässiges Verhalten handeln kann. Das Gegenteil ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer ankündigt sich krankschreiben zu lassen, sollte er z. B. für einen bestimmten Tag keinen Urlaub bekommen. Es kann dabei ausreichen, dass die Drohung mit der Erkrankung nicht unmittelbar erfolgt, sondern im Zusammenhang mit dem Urlaubswunsch gestellt wird. Die muss ein verständiger Dritter dann als deutlichen Hinweis werten können, dass beim Nichtgewähren des Urlaubs eine Krankschreibung erfolgt.

Eine fristlose Kündigung ist auch dann gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer droht krank zu werden, sollte ihm sein Urlaub im bislang gewährten Umfang nicht verlängert werden – obwohl er zum Zeitpunkt der Ankündigung nicht krank war und sich aufgrund bestimmter Beschwerden auch noch nicht krank fühlen konnte. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt. In einem solchen Fall ist auch eine vorherige Abmahnung nicht nötig.

Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme aus dem Arbeitsvertrag

Ein Mitarbeiter verletzt bereits dadurch seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht, wenn er eine Verlängerung des Urlaubs notfalls auch ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zu erreichen androht. Die Rücksichtnahmepflicht untersagt, dass Arbeitnehmer ihnen nicht zustehende Vorteile – wie etwa eine verlängerte Freistellung von der Arbeit, auch eine unbezahlte – erlangen wollen, und den Arbeitgeber damit unter Druck setzen.

Ein derartiges Verhalten beeinträchtigt das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber. Dieser muss nämlich glauben, der Mitarbeiter missbrauche notfalls seine Rechte aus den Entgeltfortzahlungsbestimmungen, um einen unberechtigten Vorteil zu erlangen. In dieser Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht liegt auch bereits eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses. Diese Grundsätze gelten deshalb auch dann, wenn der Arbeitnehmer später (zufällig) tatsächlich erkrankt (BAG 12.3.2009 – 2 AZR 251/07).

Ein fehlender Arbeitswille als Grund für das spätere Fehlen am Arbeitsplatz kann dann nicht angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung eines krankheitsbedingten Fehlens bereits objektiv erkrankt bzw. auch am Tag eines begehrten Urlaubs (weiterhin) wegen Krankheit arbeitsunfähig war. Dann ist vielmehr von einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen.

Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung

Von jedem Vertragspartner kann ein Arbeitsverhältnis nach § 626 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Das ist zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann.

Eine fristlose Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen (§ 626 Abs. 2 BGB). Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung massgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Neben Gründen in der Person können vor allem im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe eine (ausserordentliche) Kündigung rechtfertigen.

Interessenabwägung bei fristloser Kündigung

Voraussetzung für jede fristlose Kündigung ist eine umfassende Interessenabwägung. Das Interesse des Kündigenden an der Auflösung und das Interesse des Kündigungsempfängers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses müssen dafür gegenübergestellt werden. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn die Interessen des Kündigenden gegenüber denen der anderen Partei überwiegen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Auch solche, die erst nach dem Zugang der Kündigung entstehen, gehören dazu. Regelmässig zu berücksichtigen sind dabei:

  • Gewicht und Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, z. B. im Hinblick auf das Mass eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen
  • Grad des Verschuldens
  • Mögliche Wiederholungsgefahr
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf

Fazit

§ 626 BGB gibt keine absoluten Kündigungsgründe vor. Ein wichtiger Grund ergibt sich nur aufgrund der erwähnten umfassenden Interessenabwägung. Das im Interesse der Rechtssicherheit eingeführte Kriterium des «wichtigen Grundes» (das heisst eines von den individuellen Belangen der konkret betroffenen Vertragsparteien losgelösten Sachverhalts) bietet Anhaltspunkte für die Beurteilung konkreter Sachverhalte. Das ersetzt aber nicht die zur Anwendung der Generalklausel des § 626 I BGB notwendige Einzelfallprüfung.

Bevor ein solcher Schritt in Erwägung gezogen wird, sollte auf jeden Fall fachkompetente Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Anspruch genommen werden. Es besteht keine Rechtsverbindlichkeit dieser Ausführungen.

Mancher Arbeitnehmer wiegt sich in falscher Sicherheit, was die Folgen solchen Verhaltens nach sich ziehen kann. Auch wenn der eine oder andere Mitarbeiter eine Kündigung durch sein Verhalten vor Augen hat oder gar provozieren möchte, mit einer fristlosen Kündigung rechnet für gewöhnlich kaum jemand.

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